Depressionen
Eine Depression ist eine schwerwiegende psychische Erkrankung, von der in Deutschland etwa 5,2 Millionen Menschen pro Jahr betroffen sind. Schwerwiegend ist die Krankheit deshalb, weil sie sich nicht nur auf ein Körperteil beschränkt, sondern den ganzen Menschen inklusive seines sozialen und beruflichen Lebens beeinträchtigt.
Depressionen führen in nicht selten auftretenden Fällen auch zum Tode, da die erkrankten Personenden vorherrschenden Zustand nicht mehr ertragen und sich das Leben nehmen. Obwohl es in den letzten Jahrzehnten gelungen ist, die Suizidrate zu senken, betrifft dies immernoch etwa 18% aller Menschen, die an einer schweren Verlaufsform der Depressionerkrankt sind.
Oftmals treten Depressionen zusammen mit anderen psychischen Erkrankungen auf, so leiden etwa 60% aller Betroffenen an weiteren psychischen Krankheiten, wobei es sich häufig um Angst- oder Sucht- bzw. Abhängigkeitsstörungen handelt.
Hauptsymptome
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Anhaltende Niedergestimmtheit, getrübte Grundstimmung
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Minderung des Antriebs
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Energieverlust
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Müdigkeit
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Verlust von Freude und Interessen
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Keine Freude über schöne Dinge
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Vernachlässigung der Interessen und Hobbys
Zusatzsymptome
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Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
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Reduziertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
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Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
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Negative und pessimistische Zukunftsperspektive
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Suizidgedanken
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Schlafstörungen
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Verminderter /vermehrter Appetit
Diagnosekriterien
Der Diagnose einer Depression legt man in Deutschland die ICD-10-Diagnosekriterien zu Grunde. Diese umfassen auch die bereits aufgeführten Haupt- und Zusatzsymptome,die die Weltgesundheitsorganisation in ein Klassifikationssystem eingeordnet hat. Diese Klassifikation bezieht die Anzahl der Symptome, ihre Art und die Zeitspanne mit ein, indem die Symptome auftreten, um zu einer Klassifizierung des Schweregrads einer Depression zu gelangen.
Wenn wenigstens zwei der genannten Hauptsymptome und zwei der genannten Zusatzsymptome über mindestens zwei Wochen anhaltend auftreten, liegt eine behandlungsbedürftige depressive Episode vor.
Leichte depressive Episode
➔ 2 Hauptsymptome + 2 Zusatzsymptome- Mittelgradige depressive Episode
➔ 2 Hauptsymptome + 3 bis 4 Zusatzsymptome- Schwere depressive Episode
➔ 3 Hauptsymptome + mindestens 4 Zusatzsymptome
Ursachen einer Depression
Eine Depression kann selten auf eine einzelne Ursache zurückgeführt werden. Dies würde dem komplexen Krankheitsbild nicht gerecht werden, bei dessen Entstehung meistens mehrere Faktoren eine Rolle spielen, die sich gegenseitig beeinflussen. Dazu zählen beispielsweise:
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Genetische Faktoren
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Dysbalance verschiedener Nervenbotenstoffe in bestimmten Hirnarealen
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Regulationsstörung der Hormone
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Belastende Lebensereignisse (z. B. Verluste, Überforderung, Misserfolgserlebnisse)
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Negativ verzerrte Wahrnehmung der Realität
Circa 20% der in Deutschland lebenden Menschen erkranken mindestens einmal in Ihrem Leben an einer Depression.
Wichtig: Depressionen können jeden Menschen treffen, sie sind kein Zeichen von Versagen, Schuld oder Schwäche.
Schutzfaktoren
Die sogenannten protektiven Faktoren machen einen Menschen „widerstandsfähiger“gegen das Auftreten einer Depression. Dazu zählen beispielsweise:
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Ein gut ausgebautes, unterstützendes soziales Netzwerk
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Gesunde Ernährung und Sport
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Ausreichend Schlaf
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Positive Einstellung/Optimismus
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Strukturierter Tagesablauf
Behandlung
Eine Therapie sollte sich immer aus mehreren Bausteinen zusammensetzten, weshalb die Behandlung auch als multimodal bezeichnet wird. Psychotherapie, Zahlreiche verhaltenstherapeutische Verfahren, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie.
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Psychodynamische Psychotherapien (z.B. die Psychoanalyse, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder analytische Psychotherapie).
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Antidepressiva bei mittelschweren und schweren Depressionen. Wirkung: Hellen die Stimmung auf, normalisieren den Antrieb. Neuere Antidepressiva wirken selektiv auf bestimmte Botenstoffe in bestimmten Hirngebieten. Nebenwirkungsarm, gut verträglich
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Individuell angepasste Therapien
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Psychoedukation
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Vermittlung von Informationen über die Erkrankung mit dem Ziel: Der Patient soll zum Experten seiner eigenen Krankheit gemacht werden.
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Bewegungstherapie
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Entspannungs- und künstlerisch-kreative Verfahren
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Licht- oder Wachtherapie (Schlafentzugstherapie)
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Bei Depressionen mit tages- oder jahreszeitlichen Schwankungen ist es das Ziel, aus dem Gleichgewicht geratene innere Rhythmen wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
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Elektrokonvulsionstherapie (EKT)
Formen von Depressionen
Depressionen lassen sich allgemein unter den Oberbegriff der affektiven Erkrankungenfassen. So können Depressionen entweder einmal im Leben auftreten oder mehrfach in Episoden. Tritt eine Depression in Episoden auf, lässt sie sich in unipolare und bipolare affektive Störungen unterteilen, wobei bipolare affektive Störungen deutlich seltener als unipolare Depressionen auftreten.
Unipolare Depression
Es treten ausschließlich depressive Episoden auf
Formen:
➔ Einzelne depressive Episode
➔ Rezidivierende depressive Störung
➔ Saisonale affektive Störung
➔ Postnatale Depression
Bipolare Depression
Sowohl depressive als auch manische Episoden.
Manie: Die Stimmung ist unangemessen gehoben und kann von sorgloser Heiterkeit bis fast unkontrollierbarer Erregung schwanken. ➔ Gegenstück zu einer depressiven Episode
BURNOUT
Der Begriff Burnout bezeichnet keine offizielle Krankheitsdiagnose. Der Begriff wird meistens für einen Zustand des „Ausgebranntseins“ durch zu hohe Arbeitsbelastungen verwendet, die psychische Beschwerden mit sich bringen. Auftretende psychische Beschwerden- Müdigkeit- Energielosigkeit- Frustration- Zynismus- Subjektiv verminderte Leistungsfähigkeit.
Diese Symptome müssen über einen längeren Zeitraum auftreten, damit von einem Burnout gesprochen werden kann. Mögliche Folgen:
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Kann in eine Depression oder in nahe zu jede andere psychische Erkrankung übergehen.
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Kann ganz ohne gesundheitliche Folgen bleiben.
Beim Burnout handelt es sich also nicht um eine psychische Erkrankung im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr um einen Risikozustand, der die Entwicklung einer psychischen oder auch körperlichen Erkrankung begünstigen kann.
INFORMATIONEN FÜR ANGEHÖRIGE
Depressionen können jeden treffen. Es ist also, wenn ca. 20 % aller Deutschen einmal in ihrem Leben an einer Depression leiden, nicht unwahrscheinlich, dass man selbst Angehöriger einer betroffenen Person ist oder in Zukunft sein wird. Als Verwandter, Freund oder Partner eines an Depressionen leidenden Menschen kann es schwierig sein, den richtigen Weg zu finden, damit umzugehen. Vor allem die Gefühlswelt einer betroffenen Person ist für jemanden, der nicht selber an Depressionen leidet, oder in der Vergangenheit bereits an Depressionen gelitten hat, nicht oder nur sehr schwer nachvollziehbar. Ein lebensfroher und dynamischer Mensch, der die Dinge immer sehr realistisch wahrgenommen hat, kann sich durch die Erkrankung an Depressionen zu einem Menschen wandeln, dessen Leben von subjektiv wahrgenommenen Ängsten und Zwängen bestimmt wird.
Oftmals paaren sich Schuldgefühle und Pessimismus mit mangelndem Selbstvertrauen und führen dazu, dass ein Betroffener zunehmend eine körperliche Passivität entwickelt und emotional erkaltet. Folgende Punkte sollen für Angehörige von an Depressionen erkrankten Menschen Anhaltspunkte sein, die dabei helfen sollen zu helfen.
Über die Krankheit Informieren
➔ Je mehr man über Depressionen weiß, desto nachvollziehbarer werden Symptome und damit das Verhalten des Betroffenen.
➔ Das Lesen dieses Heftes ist der erste Schritt.- Depression als Krankheit anerkennen.
➔ Depressionen sind eine anerkannte Krankheit.
➔ Nehmen Sie die Erkrankung ernst, spielen Sie sie nicht herunter, denn damit würden Sie dem Betroffenen fehlende Akzeptanz ihm und dem seiner Krankheit geschuldetem Verhalten gegenüber signalisieren.
➔ Unterstützen Sie den Betroffenen bei der Entscheidung sich professionelle Hilfe zu suchen.
➔ Versuchen Sie zu vermitteln, dass Hilfe möglich und nötig ist. Häufig suchen Depressive die Schuld zuerst bei sich selbst und denken nicht an eine Krankheit als Ursache der auftretenden Symptome.
➔ Unterstützen Sie den Erkrankten beim Ausführen der Therapie, da Depressionen oft Kraftlosigkeit verursachen.
➔ Unterstützen Sie vor allem, wenn der Betroffene Eigeninitiative zeigt. Stehen Sie als Ansprechpartner zur Verfügung und zeigen Sie Gesprächsbereitschaft.
➔ Sehen Sie es nach, wenn Sie von Ihrem Angehörigen zurückgewiesen werden. Durch die Erkrankung sind die Betroffenen nicht immer in der Lage, Ihre Vorschläge anzunehmen.
➔ Vermeiden Sie Ratschläge und Versuche der Aufmunterung.
➔ Zeigen Sie Geduld mit dem Patienten und weisen Sie wiederholt daraufhin, dass die Krankheit behandelbar ist.
➔ Krankheitsängste und körperliche Missempfindungen sind nicht übertrieben, oder nur psychisch bedingt, Depressive dramatisieren nicht, sondern die Depression steigert Missempfindungen und Schmerzen ins nur schwer Erträgliche.
➔ Wenden Sie sich trotz eines sehr abweisenden Verhaltens nicht von Ihrem Angehörigen ab. Teilen Sie dem Betroffenen mit, dass Sie ihn auch in Zukunft unterstützen werden.
➔ Reagieren Sie konstruktiv und versuchen Sie Vorwürfe zu vermeiden.
➔ Betroffene sehen wie durch eine „Depressive Brille“ alles nur verzerrt, womit Sie in einer depressiven Episode Entscheidungen treffen könnten, die sie gesund und damit nach der überstandenen Krankheit anders getroffen hätten.
➔ Berücksichtigen Sie die Krankheit und ihre Auswirkungen bei allen Entscheidungen das private oder berufliche Leben betreffend.
Einen festen Tagesablauf festlegen
➔ Depressiven können Aufgaben des alltäglichen Lebens aufgrund der durch die Krankheit verursachten Kraftlosigkeit schwerfallen.
➔ Routine und feste Abläufe können dabei helfen, dass Betroffene wieder selbständiger werden. Auch an sich selbst denken.
➔ Depressive Phasen können lange andauern und damit mitunter auch sehr belastend für Sie als Angehörige sein.
➔ Wichtig ist es, die eigenen Grenzen der Belastbarkeit zu kennen und diese auch nicht zu überschreiten.
➔ Es ist nicht egoistisch, auf sich selbst zu achten und nicht auf alles, was einem wichtig ist, zu verzichten. Dem Betroffenen ist nicht damit geholfen, dass Sie Ihre Kraft, ihm zu helfen, verlieren.
➔ Gehen Sie Ihren Interessen nach, tun Sie sich selbst etwas Gutes und pflegen Sie Ihre Kontakte.
➔ Suchen Sie sich Hilfe im Freundeskreis oder der Verwandtschaft, um sich zu entlasten.
➔ Sie können sich auch selbst Hilfe suchen, um die Herausforderung zu meistern. Eine psychotherapeutische Unterstützung, oder der Anschluss an einE Selbsthilfegruppe kann helfen.
Notfälle
➔ Menschen mit Depressionen erscheint manchmal die Situation so hoffnungslos, dass sie nicht mehr leben möchten und keinen anderen Ausweg als den Todsehen. Die Erkrankung drängt sie dazu, ihr Leben zu beenden.
➔ Sie können eine Entscheidung zu einem Suizid(versuch) leider nicht in jedem Fall verhindern.
➔ Für einen Notfall kann es deutliche oder weniger eindeutige Anzeichen geben: Andeutung mittels Bemerkungen durch den Betroffenen selbst. In wenigen Fällen haben Angehörige den Eindruck, dass etwas geplant wird.
➔ Sollten Sie den Eindruck haben, es droht eine Gefahr, sollten Sie angepasst an die jeweils vorliegende Situation handeln. Nehmen Sie die Lage ernst. Hören Sie dem Betroffenen zu und binden sie ihn an ein Gespräch mit Ihnen. Rufen Sie einen Notarzt und/oder die Polizei. Lassen Sie den Angehörigen nicht alleine, bevor professionelle Hilfe eintrifft. Beseitigen Sie Gegenstände, mit denen man sich schwer verletzen kann.
➔ Sollte eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegen, kann eine Einweisung in ein Krankenhaus auch ohne das Einverständnis des Betroffenen selbst nötig sein und stattfinden. Für die Umsetzung ist im Notfall die Polizei im Zusammenwirken mit dem Rettungsdienst zuständig.
Eine erste Anlaufstelle kann zunächst der Hausarzt sein. Dieser sollte bei dem Verdacht auf eine Depression aber an einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder an einen Nervenarzt überweisen. Es gibt bereits ganz kurze und schnelle Fragebögen, mit denen sich der Verdacht auf eine Depression erhärten lässt. Dazu gehört beispielsweise der von der Weltgesundheitsorganisation herausgegebene WHO-5-Screeningtest zum Wohlbefinden. Ein solcher Screeningtest kann erste hilfreiche Hinweise geben, ersetzt allerdings keine umfangreiche fachärztliche Diagnostik zu der neben einer ausführlichen Befragung zu den Beschwerden und Lebensumständen, auch eine körperliche Untersuchung, eine Blutabnahme und häufig eine Bildgebung des Gehirns sowie eventuell weitere zusätzliche Untersuchungen gehören.
Eine körperliche Untersuchung ist deshalb immer Bestandteil der Diagnostik, weil einige neurologische oder internistische Erkrankungen depressive Symptome verursachen können, ohne dass wirklich eine richtige Depression vorliegt.
Fragen
Ist eine Depression heilbar, d.h. ist es möglich, wieder vollständig zu gesunden?
Ja, eine Depression ist sogar sehr gut behandelbar. Menschen, die bereits einmal an einer Depression erkrankt waren, haben zwar ein etwas höheres Risiko, erneut eine depressive Episode zu entwickeln. Dieses Risiko ist aber durch eine adäquate Therapie gut eingrenzbar. Zusätzlich ist es wichtig, Risikofaktoren für das Auftreten einer erneuten depressiven Episode zu erkennen und diese möglichst zu reduzieren. Dies sind beispielsweise chronische Überforderungssituationen, chronischer Schlafmangel und ähnliches.
Machen Antidepressiva abhängig?
Nein, Antidepressiva machen nicht abhängig. Es gibt Schlaf- und Beruhigungsmittel, die ein Abhängigkeitspotential besitzen, aber dies betrifft nicht die Antidepressiva. Zudem sind insbesondere die neueren Antidepressiva sehr verträglich und nebenwirkungsarm.
Verändern Antidepressiva die Persönlichkeit?
Nein, im Gegenteil. Depressionen können zu einer Wesensänderung führen. Antidepressiva helfen nur, den normalen Zustand, wie er vor der Depression war, wiederherzustellen.
Wie kann ich einer Depression vorbeugen?
Es gibt viele Faktoren, die für die Entstehung einer Depression eine Rolle spielen, wobei nicht alle beeinflussbar sind (z.B. die genetische Ausstattung eines Menschen). Daneben gibt es aber auch vom Lebensstil abhängige Risikofaktoren, die sich reduzieren lassen wie beispielsweise chronische Überforderungssituationen und zu wenige Regenerationsphasen. Es gibt also sehr wohl Dinge, die man tun kann, um sein Wohlergehen und seine Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Dazu gehören Dinge wie, sich mit Menschen zu umgeben, die einem gut tun, und natürlich körperliche Aktivität und Sport – allerdings macht hier wie immer die Dosis das Gift. Dazu ist es wichtig, zu lernen, wo die eigenen Belastungsgrenzen liegen und diese zu achten und eine gute Balance zwischen Regeneration und Belastungsphasen zu finden. Ein Garant dafür, niemals an einer Depression zu erkranken, ist dies aber nicht.
Wie erkenne ich, ob jemand gefährdet ist, Selbstmord zu verüben?
Grundsätzlich muss jede Äußerung, das Leben beenden zu wollen oder darüber nachzudenken, immer ernst genommen werden. Darüber hinaus gibt es bestimmte Faktoren, die das Suizidrisiko erhöhen können. Dazu gehören ein fehlendes soziales Netzwerk, fehlende Zukunftsperspektiven, Gefühle der Schuld, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit oder Gefühle der eigenen Wertlosigkeit, eine quälende Unruhe und chronische, schwere Schlafstörungen. Besonders gefährdet sind daher vor allem Menschen mit psychischen Erkrankungen, insbesondere mit Depressionen oder mit psychotischen Störungen, in deren Rahmen Betroffene beispielsweise Stimmen hören, die zum Suizid auffordern. Aber auch Personen mit Suizidversuchen in der Vorgeschichte oder mit Suiziden bei Bekannten und Verwandten, alte Menschen, Menschen in traumatischen Situationen und Veränderungsphasen (z.B. bei Partnerverlust oder Verlust des Arbeitsplatzes) oder nach massiven Kränkungserlebnissen sowie Personen mit chronischen schweren Schmerzzuständen haben ein allgemein erhöhtes Suizidrisiko. Dies sind aber nur rein statistisch erhobene Risikofaktoren. Im Einzelfall führt die Einschätzung der Suizidalität, die von Lebensunlust bis hin zu konkreten Todesabsichten und -plänen reichen kann, immer über das offene Gespräch.
Dabei sollte Suizidalität ganz direkt angesprochen werden (z.B. „Denkst du manchmal darüber nach, dir etwas anzutun?“, „Drängen sich solche Gedanken auf?“). Manche Menschen haben Angst davor, Suizidalität offensiv anzusprechen und nachzufragen, weil sie befürchten, den Betroffenen damit „auf die Idee zu bringen“. Aber tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Jede Ansprache hilft, Suizide zu verhindern! Denn Betroffene fühlen sich durch das Gespräch oftmals entlastet und es bietet die Möglichkeit, adäquate Hilfen bereitzustellen. Ganz allgemein muss die akute Suizidgefahr als umso höher eingestuft werden, je konkreter die Vorstellungen über den Suizid (z.B. wie und wo) und die Vorbereitungen (z.B. Verfassen eines Abschiedsbriefes, Sammeln von Tabletten) sind und je weniger lebensbejahende Gründe der Betroffene nennen kann.
Wo kann ich Hilfe holen, wenn ich glaube, dass jemand selbstmordgefährdet ist?
Suizidalität ist immer ein Notfall und bedarf einer umgehenden Vorstellung bei einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder einem Nervenarzt in der niedergelassenen Praxis oder in der Notfallsprechstunde einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik. Kontaktieren Sie daher die Feuerwehr (112) bzw. die Polizei (110) und beschreiben Sie die Situation, wenn Sie das Gefühl haben, dass jemand akut selbstmordgefährdet ist. Von dort wird dann alles Weitere veranlasst. In weniger akuten Fällen können Sie den Betroffenen auch zu einem Arzt begleiten (zum Hausarzt, einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, einem Nervenarzt oder in die Notfallsprechstunde einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik) oder sich außerhalb von Sprechzeiten telefonisch an den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 wenden. Manche berichten, dass sie Hemmungen haben, die Feuerwehr oder Polizei anzurufen, weil sie sich unsicher sind, ob derjenige, der Suizidgedanken äußert, es wirklich ernst meint. Aber hier gilt: jede Äußerung oder jeder Gedanke, sich das Leben zu nehmen muss ernst genommen werden! Scheuen Sie sich daher nicht, Hilfe anzufordern. Letztendlich ist es dann die Aufgabe und Verantwortung des Arztes, die konkrete Suizidgefahr einzuschätzen und dem Betroffenen die entsprechende Behandlung zukommen zu lassen.